Verkehrsplanung:Varianten für den Westen

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(Foto: sz-karte)

Die Einwohnerzahl in Freiham wird sich nahezu verdoppeln. Im angrenzenden Aubing mit seinem denkmalgeschützten Dorfkern ist man besorgt wegen drohender Automassen. Die verträgliche Anbindung der Viertel ist eine heikle Frage.

Von Ellen Draxel

Die von der Besiedlung Freihams angestoßene Verkehrsdebatte bleibt ein heißes Eisen in Aubing, Lochhausen und Langwied. Seit Jahren ringen Stadtverwaltung, Lokalpolitik und Bürger um Lösungen, um den Stadtbezirk im äußersten Westen für die mobile Zukunft fit zu machen. Ein Mobilitätskonzept für Freiham existiert bereits. Auch der Ausbau der A 99 und die Verlängerung der U 5 sind inzwischen beschlossene Sache. Zwischen 2035 und 2040 soll die U-Bahn ihren Betrieb aufnehmen können. Im Sommer will das Planungsreferat außerdem laut Freiham-Projektleiterin Merle Bald ein lang erwartetes Verkehrskonzept für den Stadtbezirk und die Rahmenplanung für den zweiten Realisierungsabschnitt Freiham-Nord vorstellen.

Beides wurde wiederholt auf den Prüfstand gestellt und modifiziert. Auch, weil sich mit Freiham die Einwohnerzahl des Stadtbezirks innerhalb von 15 oder 20 Jahren nahezu verdoppeln wird. Die damit einhergehende Verkehrszunahme macht vor allem den Aubingern Sorgen. Der mehr als 1000 Jahre alte Stadtteil mit seinem denkmalgeschützten Dorfkern und seinen engen Gässchen schließt im Norden direkt an Freiham an. Eine möglichst verträgliche Anbindung Freihams an Aubing, die das Viertel vor Automassen schützen soll, ist dabei eine der heikelsten Fragen. Das Planungsreferat hat deshalb schon vor fünf Jahren eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben.

Bei einem Online-Infotermin wurden die endgültigen Ergebnisse nun den Bürgern präsentiert. Für die Stadtplaner ist die Studie angesichts langwieriger und komplexer Planungsprozesse ein "Meilenstein". Für viele Aubinger hingegen ist sie ein "Relikt" aus einer Zeit, in der noch die autogerechte Stadt im Fokus stand. Denn in der Studie geht es in erster Linie um Lösungen für den Autoverkehr.

Die Idee, auf dem Tunnel eine Durchgangsstraße zu bauen, sei ein "grotesker Schildbürgerstreich"

Das Büro Obermeyer hat zuletzt mehrere Varianten untersucht. Alle basieren darauf, dass eine neue Trasse von der Aubinger Allee in Freiham "in einem irgendwie gearteten Schwung" quer durch eine potenzielle, zwischen Autobahn und Aubings Stadtrand situierte Neubausiedlung mit 1000 Wohnungen bis zur Eichenauer Straße geführt wird. Bei dieser Route sollen dann sowohl der Freihamer Weg als auch die Georg-Böhmer-Straße angebunden werden, allerdings - zum Schutz des Aubinger Ortskerns - ohne Zufahrt zum Germeringer und Belandwiesenweg. Die aus Gutachter-Sicht optimale Lösung, benannt als Variante 6, belässt es bei der Umgehung. Im Falle einer Realisierung dieser Tangente, erklärt Projektplaner Tom Seufert, sei von einer teils sehr deutlichen "Verkehrsabnahme" in der Ubo-, Alto-, der östlichen Eichenauer Straße und dem Germeringer Weg auszugehen. Der Verkehr in der Georg-Böhmer-Straße, der westlichen Eichenauer Straße und der Wildenrother Straße hingegen dürfte mehr werden.

Geprüft wurde auch eine Weiterführung dieser Strecke über den Autobahndeckel der A 99 bis zur Altostraße. Doch weil die beiden Varianten 7a und 7b einen "erheblichen Eingriff in die Natur und die Landschaft" bedingen und Erholungsflächen wie den Aubinger Kulturpfad teilweise zerstören würden, sieht Seufert diese Routen selbst kritisch. Der Bereich auf dem Autobahntunnel sei "eine sehr schöne Anlage mit wertvollen Flächen, bei der man sich gut überlegen muss, ob man die mit zusätzlichem Verkehr belastet".

Die Aubinger bezeichnen allein die Idee, auf dem Tunnel eine Durchgangsstraße bauen zu wollen, als "grotesken Schildbürgerstreich". Überhaupt waren die rund 300 Teilnehmer der Veranstaltung in ihrer Kritik an den städtischen Planungen meist einer Meinung. Sie vermissten Bezüge zum Straßennetz rund um Aubing, monierten fehlende Radwege und eine Überbelastung speziell der als Schulweg genutzten Wildenrother Straße. Seufert hatte zuvor erklärt, dass er die Verdoppelung des Verkehrs dort infolge einer möglichen Umsetzung der Variante 6 für "vertretbar" halte. "Wir liegen damit immer noch bei einer relativ geringen Verkehrsbelastung."

Die Bürgervereinigung wünscht sich lediglich 25 Prozent Autoverkehr im Stadtteil

Die Aubinger hingegen sind der Überzeugung, dass es gar keinen Extra-Anschluss braucht. "Die Zahlen zeigen", so Jürgen Müller, Vorsitzender der Bürgervereinigung Aubing-Neuaubing und Vorstand des Bundes Münchner Bürgerinitiativen, "dass der autobasierte Quell- und Zielverkehr zwischen den Quartieren auch auf den bestehenden Verbindungen abgewickelt werden kann." Die geplanten neuen Straßen dienten eher der Abwicklung des Durchgangsverkehrs, der aus Aubing wie aus Freiham herausgehalten werden müsse. Viel sinnvoller als eine neue Verbindung seien ein Ausbau der Georg-Böhmer-Straße rund um den Aubinger Bahnhof und ein attraktiverer öffentlicher Nahverkehr. Außerdem gelte es, die A 99 durch Freigabe der Seitenstreifen "so schnell wie möglich" wieder als Umgehung zu ertüchtigen.

Müller und seine Mitstreiter - die Bürgervereinigung hat mehr als 300 Mitglieder - würden sich wünschen, dass das Mobilitätskonzept für Freiham, das auf den Fuß- und Radverkehr setzt und lediglich 25 Prozent Autoverkehr im Stadtteil vorsieht, auch in Aubing umgesetzt wird. Die Aubinger jedenfalls seien offen für Diskussionen. In diesem Fall, so Robert Adam vom Mobilitätsreferat, werde er die Bürgervereinigung sofort bei der Tram-Planung "ins Boot holen wollen". Im Übrigen wolle auch die Kommune die Verkehrswende.

Wie es nun weitergeht, wird der Stadtrat entscheiden: Im Herbst soll die Machbarkeitsstudie vorgelegt werden. Über den Inhalt der Beschlussempfehlung muss sich das Team um Merle Bald aber noch Gedanken machen.

Im Internet startet eine Bürgerbeteiligungsplattform der Stadt: Unter www.unser.muenchen.de/verkehrskonzept22 können alle, die einen Bezug zum Stadtbezirk Aubing-Lochhausen-Neuwied haben, Anregungen und Feedback zum geplanten Verkehrskonzept geben.

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